GA - Bonn 20.04.2024
GESPRÄCH AM WOCHENENDE ANGELIKA HILBIG
Nach einem halben Jahrtausend gibt es die erste Meckenheimerin Schützenkönigin. Was sie zum Thema
Gleichberechtigung sagt
Angelika Hilbig von der Meckenheimer Schützenbruderschaft Sankt Sebastianus,
hier mit Ehemann und Prinzgemahl Michael.
FOTO: PRIVAT
Mit dem Krönungsball der Schützenbruderschaft Sankt Sebastianus der Meckenheimer Schützenhalle feiert Angelika Hilbig am Samstagabend, 20. April, den Höhepunkt ihrer Amtszeit. Seit der Gründung im Jahr 1501 ist sie die erste Frau, die zum Königsschießen zugelassen wurde und den Titel errungen hat. Darüber sprach Alexander C. Barth mit ihr.
Frau Hilbig, wie fühlt es sich an, die erste Meckenheimer Schützenkönigin zu sein?
Angelika Hilbig : Was Mann kann, kann Frau auch! Mein Mann war ja schon öfter König, da dachte ich, ich versuche das jetzt auch mal.
Seit wann ist das möglich?
Hilbig : Wir haben in der Corona-Zeit die Satzung geändert, so dass wir als Frauen auch auf den Königsvogel schießen können.
Sind Frauen bei Ihnen jetzt vollständig gleichberechtigt?
Hilbig : Ja, wir dürfen alles, was die Herren auch dürfen. Das Liesel-Schießen entfällt dadurch. Ich war übrigens die letzte Liesel, bevor ich die erste Königin geworden bin.
„Liesel“ klingt nicht gerade schmeichelhaft. Sind Sie erleichtert, dass diese Dinge jetzt der Vergangenheit angehören?
Hilbig : Ich war auf jeden Fall für die Satzungsänderung und habe auch dafür gestimmt. Mit dem Begriff „Liesel“ hatte ich persönlich aber kein Problem.
Gesetzlich sind Mann und Frau seit Jahrzehnten gleichberechtigt. Kommt der Schritt bei den Meckenheimer Schützen zu spät?
Hilbig : Ich denke, das kommt rechtzeitig. Das Vereinsleben stirbt so langsam aus. Wir sind sehr geschrumpft, was die Grünröcke angeht.
Bei den Sportschützen haben wir noch relativ viele, aber nicht in Tracht. Ohne die Damen hätten wir zu wenige Teilnehmer, die auf den Königsvogel schießen würden.
Und von was für einer Größenordnung sprechen wir hier in diesem Fall?
Hilbig : Bei den Traditionsschützen sind es noch etwa 25 Männer, und mit mir vier Frauen.
Noch immer eine Männerdomäne, also. Hat Sie das anfangs abgeschreckt?
Hilbig : Nein, gar nicht. Ich bin sogar nur Traditionsschütze, das sportliche Schießen überlasse ich meinem Mann (lacht).
Begegnen Sie im Schützenwesen Vorbehalten, weil Sie eine Frau sind?
Hilbig : Nein! Jeder freut sich, auch Damen zu sehen. Andere Vereine haben das schon viel länger. Ich fand, der Meckenheimer Verein stand da hinten an. Mein Mann merkt allerdings gerade an, dass wir genau genommen kein Verein, sondern eine Bruderschaft sind.
Müsste man sich von diesem Begriff in letzter Konsequenz nicht auch verabschieden?
Hilbig : Ich denke schon. Aber bei Vereinen ist das so eine Sache mit der Tradition, ob es nun um Karneval geht oder um Schützen. Die Satzungen werden nur schrittchenweise überarbeitet. Aber es geht ja in die richtige Richtung, und ich finde, das ist auch nötig. Aus meinen drei Jahren als Schatzmeisterin habe ich mitgenommen: Es ist gut, wenn Frauen auch im Vorstand vertreten sind.
Was bedeutet Gleichberechtigung für Sie?
Hilbig : Gleichberechtigung ist auch die Gleichwertigkeit. Klar gibt es Unterschiede zwischen Mann und Frau, zum Beispiel bei der Körperkraft. Aber dass Männer bei Veranstaltungen in der Regel vorn an der Theke stehen und Frauen hinten in der Küche, hat damit ja nichts zu tun.
Der größte Teil Ihrer Amtszeit liegt hinter Ihnen. Wie sind die Reaktionen ausgefallen?
Hilbig : Viele Frauen fanden es toll, dass ich zur Abwechslung mal meinen Mann als schmückendes Beiwerk an meiner Seite herumführe (lacht).
Was würden Sie Frauen raten, die unschlüssig sind, ob das Schützenwesen für sie das Richtige ist?
Hilbig : Da würde ich sagen: Auf jeden Fall. Wir haben viel Spaß zusammen und unternehmen auch mal nur als Frauen etwas, zum Beispiel fahren wir ein Wochenende im Jahr zusammen weg.
Man ist hier füreinander da, es heißt ja auch: „Glaube, Sitte, Heimat“.
Muss man sehr konservativ sein, um bei Ihnen reinzupassen?
Hilbig : Man ist nicht gezwungen, in die Kirche einzutreten. Aber man sollte wissen: Das ist ein katholischer Brauch. Und ich finde, Brauchtum sollte man pflegen, auch wenn es manchmal veraltet ist.
Wie stehen die Chancen für eine zweite Schützenkönigin aus Meckenheim?
Hilbig : Ich darf als amtierende Königin beim nächsten Mal leider nur den ersten Schuss machen. Ich denke trotzdem, dass die Männer das nicht allein ausfechten werden.
ZUR PERSON
Angelika Hilbig
Angelika Hilbig (57) lebt seit 2011 in der Neuen Mitte in Meckenheim. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die gelernte Erzieherin ist katholischen Glaubens und arbeitet in einer Kita in Sinzig. In ihrer Freizeit ist sie oft mit ihrem Hund unterwegs oder reitet mit dem Pony, das sie sich mit ihrer Tochter teilt. Ihre Amtszeit als Schützenkönigin der Bruderschaft Sankt Sebastianus endet beim diesjährigen Schützenfest am Wochenende 25./26. Mai. lex
Blick Aktuell
Meckenheim. Ortsansässige Vereine, viele Gäste und Gastbruderschaften aus den Schützenbezirken Bonn und Voreifel waren gekommen, um der Meckenheimer Schützenkönigin Angelika Hilbig ihre Aufwartung zu machen: Erstmals in der über 520-jährigen Geschichte der Schützenbruderschaft errang eine Frau die Würde einer Schützenkönigin. Sie hatte auf dem Schützenfest im Vorjahr mit dem 339. Schuss den letzten Rest des Holzvogels von der Stange geholt und sich so den Titel gesichert.
Unter den Klängen des „Fehrbelliner Reitermarsches“ und dem Beifall der Gäste marschierten das Königspaar Angelika Hilbig und Prinzgemahl Michael zusammen mit Bürgerkönigin Renate Groesser und Gatte Peter in die festlich geschmückte Schützenhalle ein.
Präsident Matthias Klemmer begrüßte die Gäste und übergab dann das Wort an den stellvertretenden Bürgermeister Tobias Pötzsch, der die weltliche Krönung vornahm. Er überreichte Königin Angelika den Königsorden und ihrem Prinzgemahl Michael einen silbernen Ansteckorden. Für die Bürgerkönigin gab es einen goldenen Erinnerungsorden mit der Aufschrift „Bürgerkönigin 2023/24“.
Unter besonderem Applaus wurde eine weitere Majestät nach vorne gebeten. Die amtierende Blütenkönigin Antonia Augenstein hatte es nicht nehmen lassen den Krönungsball der Schützen zu besuchen und einige Worte an die Gäste zu richten. Alle drei weiblichen Majestäten erhielten aus der Hand des stellvertretenden Bürgermeisters bunte Blumensträuße.
Unter der Schützenfahne und zu den Takten des Schneewalzers eröffnete das Königspaar den Tanz.
Natürlich kam auch das leibliche Wohl nicht zu kurz. Die Bewirtung wurde vom Team der Prinzengarde übernommen, das mit viel Eifer und Engagement immer zur Stelle war, um die Wünsche der Gäste zu erfüllen.
Zwischendrin sorgten die „Dicke Fööss“ aus Ersdorf-Altendorf in ihrem schillernden Outfit mit einer tollen Performance für Begeisterung und ausgelassenen Beifall. Eine besondere Ehre wurde Schützenschwester Claudia Luppus zuteil. Für ihr Engagement und ihren Einsatz in der Frauengruppe wurde sie mit dem Silbernen Verdienstkreuz ausgezeichnet. Zu vorgerückter Stunde eröffnete Bezirksbundesmeister Alexander Gierlich mit seinen Vertretern Nadine Wilke und Markus Merzbach den Gratulationsreigen.
Vertreter der Vereine und der anwesenden Schützenbruderschaften überreichten den Meckenheimer Majestäten ihre Gastgeschenke verbunden mit herzlichen Glückwünschen.
Die Live-Musik in bewährter Form wurde vom „Steff“ präsentiert. Mit einem breiten Repertoire von Oldies und aktuellen Hits sorgte der „Steff“ für die perfekte musikalische Untermalung eines rundum gelungenen Krönungsballs.